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Streitgespräch

  • Prof. Dr. Helmut Bremer, Prof. Dr. Edith Braun, Prof. Dr. Carolin Kreber
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Kompetenz der Hochschullehrenden, Evidenz aus der Hochschulbildungsforschung und der gesellschaftliche Bedarf liefern gleichermaßen nachvollziehbare und berechtigte Argumente für die Gestaltung der Hochschullehre. Zu den großen Herausforderungen gehört, verschiedene Argumente integrativ zu behandeln. Dies setzt allerdings voraus, die dahinterstehenden Positionen zunächst einmal zu schärfen. Auf der die Tagung abschließenden Plenumsveranstaltung begeben sich drei ausgewiesene Wissenschaftlerinnen bzw. Wissenschaftler, nämlich Edith Braun, Carolin Kreber und Helmut Bremer, zu diesem Zweck in ein „Streitgespräch“ und demonstrieren die verschiedenen möglichen Sichtweisen auf das Spannungsfeld, in welchem die Hochschullehre steht. Experimentiert wird mit einer neuen Form von arrangiertem Streitgespräch, moderiert von Ines Langemeier und Ingrid Scharlau, mit dem Ziel, auf diesem Wege auch zu neuen Einsichten zu gelangen.

Themenbereiche

  • Streitgespräch

Autoren

  • Prof. Dr. Helmut Bremer
  • Prof. Dr. Edith Braun
  • Prof. Dr. Carolin Kreber

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Ingrid Scharlau hat es in der abschließenden Bemerkung angerissen: „In den 80er Jahren hätten wir das, was wir heute gemacht haben, nicht als Streit bezeichnet“. Damit dürfte zumindest für die jüngeren Zuschauer des Streitgesprächs auf der 15. Jahrestagung der GfHf klar geworden sein: Ah, akademisches Streiten geht auch anders, es gibt offenbar Formen – nun im Plural – des Streitens.

Ich halte diesen Fingerzeig von Frau Scharlau für wesentlich, er führt uns tief in das Problem, nämlich zu der Frage, über WAS (Gegenstände), WIE (Formen) und WOZU (Gründe) wir in Universitäten streiten, womit unschwer unterschiedliche Beobachterperspektiven und Qualitäten verbunden sind. Nutzt man diese drei Fragen als Analyseebenen und vergleicht sie mit akademischen Streitformaten (Journale, Tagungen, Lehrbetrieb), dann gewinnt man einen ersten Eindruck von der Verfasstheit der Universität als „akademische Streitarena“.

Carolin Kreber hat argumentiert, dass in die akademische Streitarena neben der Sicherung von Regelwissen auch die Kultivierung von Urteilskraft sowie der Aufbau von norm- oder wertebasierten Orientierungswissen gehörten. Während Helmut Bremer dem uneingeschränkt zustimmte, erkannte Edith Braun zwar die Theoriearbeit an, stellte aber das Primat datengetriebener Evidenz immer wieder als elementar heraus. Es blieb in der Runde unentschieden, ob es sich bei Krebers Vorschlag um säuberlich getrennte Streitarenen handelt, also hier wissenschaftliche, dort anekdotische Evidenz, oder ob darunter drei Erkenntnisformen verstanden werden, denen sich jeder Wissenschaftler, jede Wissenschaftlerin in einem potenziell konfliktreichen „inneren Gespräch“ zu stellen hat.

Für alle Fälle – so Helmut Bremer – sei eine Dialogfähigkeit „zwischen den Welten“ von Nöten, d.h. zwischen Krebers Wissens- und Erkenntnisformen (Dialogfähigkeit im Innenverhältnis) sowie den Ansprüchen der Gesellschaft (Dialogfähigkeit im Außenverhältnis). In diesem Zusammenhang hatte Bremer offen wie selbstkritisch festgestellt, dass Wissenschaftler Dinge meiden, die „wehtun“. Man könnte sagen, allzu menschlich! Umgekehrt sollte man aber erwarten dürfen, dass die „Besten“ in der akademischen Arena nicht nur eine hohe Leidensfähigkeit mitbringen, sondern dieses Prinzip in einen lustbetonten Streit und inneren Dialog wenden können.

Hat die Streitrunde zum Spannungsverhältnis von individueller und institutioneller Verantwortung Antworten gegeben? Ja, ich denke schon. Es wurde sichtbar, wo diese Spannungen herrühren: Zum einen aus dem Umstand, dass moderne Universitäten arbeitsteilig organisiert sind (Fakultäten, Erkenntnisformen, Denkstile) und damit „Professionalisierung durch Separierung“ umsetzen, was der institutionellen Verantwortung Vorschub leistet. Zum anderen – und darauf hatte Ines Langemeier im Schlussakkord hingewiesen – durch die systematische Ausblendung des subjektiven Standpunkts im Erkenntnisprozess, was der Übernahme von individueller Verantwortung abträglich ist.

Fazit: Danke für diese engagierte Runde, die inspiriert zu vielen Gedanken!

Ein schönes Gespräch in einem (noch?) ungewohnten Format als Abschluss der Online-Tagung, was auch mir Impulse zum weiteren Nachdenken gibt…
Zu Edith Brauns nachdenklicher Reaktion im Fazit auf Helmut Bremer (was reproduzieren wir unbedacht und unsichtbar an Chancenungleichheit beim Zugang zum Hochschulehrerberuf), gibt es übrigens einige aktuelle lesenswerte Studien, die dies mittels empirischer Forschung sichtbar machen. Diese Studien habe ich daher versucht, in einem kurzen Überblicksartikel zusammenzufassen und einzuordnen, sowie auch Beispiele guter Praxis dazu darzustellen (www.researchgate.net/publication/333163357).

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