Kerstin Mayrberger
Universität Hamburg, Deutschland
Das Thema Digitalisierung im Kontext von Hochschule und insbesondere Hochschullehre wird vor allem in den letzten Jahren bildungspolitisch motiviert auf Mikro-, Meso- wie Makroebene stark thematisiert. Die derzeitige Debatte zeichnet sich trotz differenzierender Bemühungen noch überwiegend durch eine vornehmliche Technikzentrierung mit Blick auf Infrastruktur und organisationale Strategiebildungsprozesse aus sowie Lehr- und Lernszenarien unter Verwendung von mehr oder weniger innovativer Technologie. Sie vernachlässigt demgegenüber deutlich die prozessorientierte Subjektperspektive über die Makro- und Meso- und insbesondere Mikroebene hinweg. Hier tut sich ein Spannungsfeld auf, welches sich sehr gut am Verhältnis von Open Educational Ressources (OER) und einer Open Educational Practice (OEP) illustrieren lässt (Bellinger & Mayrberger 2019).
Die genannten exemplarischen Eckpunkte dienen als Referenzrahmen für den vorliegenden Beitrag, der das Feld transdisziplinär aus Perspektive der Mediendidaktik und Praxistheorie im Kontext der Hochschulforschung betrachtet.
Ausgehend von der These, dass mit zunehmendem Grad an Digitalisierung der Hochschullehre und einer sich spezifisch entwickelnden Digitalität (Stalder 2018) die Rolle der Subjekte für die (Weiter-)Entwicklung ebendieser spezifischer Praktiken und Praxis eine besondere Bedeutung für die Qualität des Lehren und Lernens in virtueller und physischer Realität zukommt und somit der Beziehungsgestaltung der beteiligten Akteurinnen und Akteure, wird in diesem Beitrag der Fokus auf die Rolle von Partizipation im Sinne der jeweiligen Bereitschaft der Verantwortungsabgabe und -übernahme für den Lernprozess gelegt.
Der Beitrag verfolgt dabei das Ziel, für ein partizipatives Lehren und Lernen unter den Bedingungen der Digitalisierung und Digitalität im Kontext der Hochschulforschung den Ansatz einer partizipativen Mediendidaktik als heuristisches Modell vorzustellen und am Beispiel von OEP mit praxistheoretischen Forschungsperspektiven zu verbinden.
Die partizipative Mediendidaktik steht für ein Modell einer kritisch-konstruktivistischen Mediendidaktik und knüpft an allgemeindidaktische Überlegungen (u.a. Tulodziecki 2011; Kerres 2018) wie auch an eine allgemeine konstruktivistische Didaktik (u.a. Reich 2012) an. Sie fokussiert das partizipative Element in der Gestaltung von Lernumgebungen unter den Bedingungen von Digitalisierung, Digitalität (u.a. Stalder 2016; 2018) und (tiefgreifender) Mediatisierung (u.a. Krotz 2017; Hepp 2018). International anschlussfähig ist der Ansatz u.a. in der Diskussion um eine Open Pedagogy (u.a. Hegarty 2015; DeRosa & Jhangiani 2017) sowie Open Educational Practices (OEP) (u.a. Bozkurt, Koseoglu &Singh 2019; Bellinger & Mayrberger 2019).
Es werden im Vortrag konzeptionelle Eckpunkte wie theoretischen Anbindungen aufgezeigt (Mayrberger 2014; 2019) und der Schwerpunkt auf das zentrale Strukturelement des Partizipationsraums gelegt. Zudem wird über die Mikroebene hinaus die organisationale und gesellschaftliche Perspektive im Sinne einer institutionellen Verantwortung für die Ermöglichung von Partizipation im Zuge von Digitalität thematisiert, was in diesem Zusammenhang mit dem Strukturelement des sogenannten Medienbalkens verdeutlicht wird. Dieses wird an vier Bedingungsebenen deutlich gemacht: Das sind gesellschaftliche Bedingungen, institutionelle Bedingungen des Bildungskontextes, interpersonale Bedingungen im Lehr- und Lernprozess sowie die Bedingungsebene der Akteurinnen und Akteure, die mindestens aus dem personalen Kontext der Lehrenden und Lernenden (Biographie, Diversität), der Technologien und der Organisation bestehen. Hierbei wird auf praxistheoretische Anbindungen eingegangen und am Beispiel von OEP aufgezeigt, wo sich Forschungslinien und in welcher Form für eine mediendidaktische Hochschulforschung ergeben, die bestehende Perspektiven ergänzen können (z.B. Hüther & Krücken 2016).
In Bezug auf den Call tangiert der Beitrag den Schwerpunktbereich Digitalisierung.
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- Digitalisierung
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- T1 Vorträge 3 (14∶00 15∶15)
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Vielen Dank! In einem Moment, wo Digitalisierung ganz stark von technischen Fragen der Umsetzung (Jetzt! Sofort!) getrieben wird, finde ich es umso wichtiger, den Fokus zurück auf das zu bringen, was wir mit Lehre erreichen wollen und was didaktisch sinnvoll wäre, die Digitalisierung der Lehre durch das bestimmen zu lassen, was technisch möglich ist. Hier fand ich besonders die Anregung, den unfreiwilligen Umstieg in die digitale Lehre zu dokumentieren und zu reflektieren spannend. Das könnte mit ganz einfachen Fragen anfangen: Was von dem, was mir an meiner Lehre wichtig ist, geht unter den Bedingungen der Digitalität (scheinbar) nicht mehr, weniger gut oder anders? Was geht besser? Was würde ich mir angesichts der neuen Lehrsituation wünschen?
Liebe Frau Mayrberger, vielen Dank für Ihren sehr spannenden Vortrag. Er hat mir einen Ansatzpunkt gezeigt, um über die Transformation der Präsenzlehre noch einmal neu nachzudenken und nach Lösungen zu suchen – gemeinsam mit den Studierenden.