In der Hochschullehre gewinnt das Unterrichtskonzept des forschenden Lernens (fL) seit einigen Jahren zunehmend an Bedeutung. Je nach Studiengang, curricularen Rahmenbedingungen und angestrebten Kompetenzen lässt sich dabei forschendes Lernen auf der Unterrichtsebene in unterschiedlichen Formen umsetzen, wie dokumentierte Unterrichtsbeispiele verdeutlichen (z. B. Neuber/Paravincini/Stein 2018 und Mieg/Lehmann 2017; zu grundsätzlichen Formen forschenden Lernens s. Rueß/Gess/Deicke 2016 und Huber 2014).
Solche Unterrichtsbeispiele beziehen sich in der Regel auf einen Bachelor- oder Masterstudiengang. Konzeptionen forschenden Lernens, die in einem aufeinander aufbauenden Bachelor- und Masterstudiengang derselben Studienrichtung, also in beiden Studiengängen und im selben Fach zum Einsatz kommen, dürften dagegen eher selten praktiziert werden. Ein solches fL-Konzept wird hier als abgestuftes, inhaltlich aufeinander aufbauendes Lehr-Lernkonzept verstanden.
An diesem Punkt knüpft der Tagungsbeitrag an, d. h. es wird aufgezeigt, wie forschendes Lernen im Fach „Marketing“ in einem betriebswirtschaftlichen Bachelor- und Masterstudiengang an der Hochschule Niederrhein im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften angewandt wird. Aus einer hochschuldidaktischen Perspektive sollen schließlich die typischen Merkmale der Bachelorstudiengang- und der Masterstudiengang-bezogenen Konzeption forschenden Lernens anhand eines Kriterienrasters vergleichend gegenübergestellt und diskutiert werden.
Forschendes Lernen findet in beiden Studiengängen in Form empirischer Forschungsprojekte in Gruppenarbeit statt. Im Bachelorstudiengang liegt es dem Modul „Käuferverhaltensforschung“ (im 4. Semester), im Masterstudiengang dem Modul „Ausgewählte Fragestellungen des Markenmanagements“ (im 3. Semester) zugrunde; die Module haben einen zeitlichen Umfang von 4 SWS. Beide Module sind Wahlpflichtmodule; sie ergänzen bzw. runden das Fach „Marketing“ inhaltlich ab. Das jeweilige Forschungsthema wechselt von Semester zu Semester. In beiden Studiengängen werden verhaltenswissenschaftlich ausgerichtete Forschungsthemen aufgegriffen, d. h. die zu untersuchenden Forschungsfragestellungen haben das Verhalten von Konsumenten zum Gegenstand. Während im Modul „Käuferverhaltensforschung“ die jeweiligen Forschungsthemen verschiedene Objekte des individuellen Konsumentenverhaltens zum Gegenstand haben (z. B. Kauf von Lebensmitteln im Internet oder die Wahrnehmung von Einkaufsstätten des Lebensmitteleinzelhandels), weisen die Forschungsthemen im Modul „Ausgewählte Fragestellungen des Markenmanagements“ einen expliziten Bezug zum Verhaltens-/Kaufobjekt „Marke“ auf (z. B. Analyse der Markenpersönlichkeit von Lebensmittelmarken oder das Image von Vereinsmarken der Fußball-Bundesliga).
Neben der detaillierten Beschreibung der beiden Forschungsmodule wird eine vergleichende Darstellung der diesen Modulen zugrunde liegenden fL-Konzeptionen vorgenommen. Hierzu wird in Anlehnung an die analytischen Schemata zu möglichen inhaltlichen Ausprägungen forschenden Lernens von Brew (2013) und Lütke/Reimann/Heudorfer (2017) ein kriterienbasiertes Entscheidungsschema entwickelt, das eine Reihe von hochschuldidaktischen Entscheidungskriterien auf der Mikro- und Mesoebene (Lütke/Reimann/Heudorfer 2017) umfasst. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Kriterien der Mikroebene. Diese reflektieren hochschuldidaktische Entscheidungen auf der Unterrichtsebene, z. B. Festlegung des Forschungsthemas und der Forschungsfragestellung(en), Studierendenbezug bei der Festlegung des Forschungsthemas, Lernorte/Lernortverbund, Forschungstyp, Rolle der Studierenden/Grad der studentischen Autonomie im Forschungsprozess, Rolle des Lehrenden im Forschungsprozess, Art der Forschung, Planung und Durchführung des Forschungsprozesses, Art der Datenerhebung, Reflexion der Forschungsphasen/-ergebnisse etc.
Themenbereiche
- Mikroebene
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- T1 Vorträge 4 (15∶30 - 16∶45)
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