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Metaanalyse non-kognitiver Indikatoren zur Prädiktion von Studienerfolg

  • J. Mertens, J. Sann, J. Böttger, J. Haase, B. Hannover, E. Braun
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Viele Jahre war die Abiturdurchschnittsnote das wichtigste Auswahlkriterium für die Zulassung von Studierenden in den meisten zulassungsbeschränkten Studiengängen, doch mittlerweile wird die Abiturnote als alleiniger Faktor diskutiert. Laut Bundesverfassungsgericht sollen Entscheidungen bei einer Zulassungsbeschränkung nicht allein auf Grundlage der Abiturnote getroffen werden (BVerfG 2018). Daher werden neben der Abiturnote weitere Kriterien zur Feststellung der Studierfähigkeit herangezogen.

Die Operationalisierung von Studierfähigkeit wurde seit vielen Jahren immer wieder theoretisch diskutiert. Obwohl keine Einigkeit über die genaue Definition besteht, stimmen theoretische Überlegungen in einem Punkt überein: unter Studierfähigkeit werden für ein Studium notwendige Kompetenzen und Fähigkeiten zusammengefasst, sowohl allgemeine als auch fachspezifische. Demzufolge beinhaltet Studierfähigkeit sowohl kognitive als auch non-kognitive Elemente (Heldmann 1984; Deidesheimer Kreis 1997; Konegen-Grenier 2001; Huber 2009). Sowohl für die Abiturnote als auch für fachspezifische Studierfähigkeitstests liegen empirische Ergebnisse vor, die eine gute prädiktive Validität dieser Indikatoren für die Vorhersage von Studienerfolg belegen. Unter Studienerfolg wiederum werden meist leicht zu erfassende, quantifizierbare Merkmale wie (gute) Abschluss- oder Durchschnittsnoten im Studium verstanden (Wissenschaftsrat 2004), oder auch mit Zufriedenheit, Abbruchintention oder der Studiendauer operationalisiert (Heinze 2018). Studienerfolg wird hier als abhängige Variable gesehen, welche durch verschiedene Indikatoren der Studierfähigkeit vorhergesagt werden kann.

Zwar wird in Deutschland weiterhin die Studierfähigkeit mit dem Erreichen der allgemeinen Hochschulreife attestiert (Täger 2010), aber wie eingangs geschildert wird die Abiturnote als alleinige Zulassungspraxis diskutiert. Daher erfahren sogenannte Studierfähigkeitstests neue Aufmerksamkeit. Vorliegende Studierfähigkeitstests beschränken sich jedoch meist entweder auf die Abfrage von schulischem Wissen, Wissen für das Studium oder die Erfassung für ein Studienfach relevanter kognitiver Fähigkeiten, obwohl der Einfluss der non-kognitiven Indikatoren auf Studienerfolg als empirisch gesichert gilt (Heinze 2018). Unter non-kognitive Indikatoren des Studienerfolgs fallen beispielsweise Gewissenhaftigkeit, Selbstwirksamkeit, Anstrengung, Interesse und Motivation (Heinze 2018), für die geringe bis mittlere prädiktive Validitäten für die Vorhersage von Studienerfolg nachgewiesen wurden (u.a. Schiefele et al. 2003; Souvigner & Gold 2004; Schmidt-Atzert 2005; Trapmann et al. 2007; Robbins et al. 2004; Richardson et al. 2012). Neben kognitiven Fähigkeiten weisen also auch non-kognitive Indikatoren eine Bedeutung für das erfolgreiche Abschließen eines Studiums auf.

Bisherige Publikationen zu non-kognitiven Indikatoren als Determinanten des Studienerfolgs beschränken sich bisher auf die isolierte Betrachtung einzelner Indikatoren. Daher ist das Ziel dieses Beitrags eine Metaanalyse für den Zusammenhang zwischen non-kognitiven Indikatoren und Studienerfolg für das deutsche Hochschulsystem durchzuführen. In einer Literaturrecherche werden derzeit Publikationen mit empirischen Ergebnissen gesammelt. Anschließend werden die Daten aufbereitet und ausgewertet um auf der Konferenz die Ergebnisse vorstellen und reflektieren zu können.

Quellen

  • Bundesverfassungsgericht (BVerfG) (2018). Urteil des ersten Senats vom 19. Dezember 2017 – 1 BvL 3/14 –, Rn. (1-253). Retrieved from http://www.bverfg.de/e/ls20171219_1bvl000314.html.
  • Deidesheimer Kreis. (1997). Hochschulzulassung und Studieneignungstests: Studienfeldbezogene Verfahren zur Feststellung der Eignung für Numerus-clausus- und andere Studiengänge. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Heinze, D. (2018). Die Bedeutung der Volition für den Studienerfolg: Zu dem Einfluss volitionaler Strategien der Handlungskontrolle auf den Erfolg von Bachelorstudierenden. Research. Wiesbaden: Springer. Retrieved from http://www.springer.com/
  • Heldmann, W. (1984). Studierfähigkeit: Ergebnisse einer Umfrage ; Thesen zur Studierfähigkeit und zum Hochschulzugang. Schriften des Hochschulverbandes: Vol. 29. Göttingen: Schwartz.
  • Hell, B., Trapmann, S., & Schuler, H. (2009). Eine Metaanalyse der Validität von fachspezifischen Studierfähigkeitstests im deutschsprachigen Raum. Konstanz: Bibliothek der Universität Konstanz. Hillebrecht, L. (2019). Studienerfolg von berufsbegleitend Studierenden: Entwicklung und Validierung
  • eines Erklärungsmodells. Economics Education und Human Resource Management.
  • https://doi.org/10.1007/978-3-658-26164-1
    Huber, L. (2009). Von „basalen Fähigkeiten“ bis „vertiefte Allgemeinbildung“: Was sollen
  • Abiturientinnen und Abiturienten für das Studium mitbringen? In D. Bosse (Ed.), Gymnasiale Bildung zwischen Kompetenzorientierung und Kulturarbeit (1st ed., Vol. 55, pp. 107–124). Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwiss. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91485-5_8
  • Konegen-Grenier, C., Kuhlmann, C., & Grenier, C. K. (2002). Studierfähigkeit und Hochschulzugang: Projekt im Rahmen des von der Informedia-Stiftung – Gemeinnützige Stiftung für Gesellschaftswissenschaften und Publizistik, Köln, geförderten Rahmenprojektes „Egalität und Effizienz – das deutsche Modell auf dem Prüfstand“. Kölner Texte & Thesen: Vol. 61. Köln: Dt. Inst.- Verl.
  • Richardson, M., Abraham, C., & Bond, R. (2012). Psychological correlates of university students‘ academic performance: A systematic review and meta-analysis. Psychological Bulletin, 138(2), 353–387. https://doi.org/10.1037/a0026838
  • Robbins, S. B., Lauver, K., Le, H., Davis, D., Langley, R., & Carlstrom, A. (2004). Do psychosocial and study skill factors predict college outcomes? A meta-analysis. Psychological Bulletin, 130(2), 261– 288. https://doi.org/10.1037/0033-2909.130.2.261
  • Schiefele, U., Streblow, L., Ermgassen, U., & Moschner, B. (2003). Lernmotivation und Lernstrategien als Bedingungen der Studienleistung. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 17(3/4), 185–198. https://doi.org/10.1024//1010-0652.17.3.185
  • Schmidt-Atzert, L. (2005). Prädiktion von Studienerfolg bei Psychologiestudenten. Psychologische Rundschau, 56(2), 131–133. https://doi.org/10.1026/0033-3042.56.2.131
  • Schult, J., Hofmann, A., & Stegt, S. J. (2019, in press). Leisten fachspezifische Studierfähigkeitstests im deutschsprachigen Raum eine valide Studienerfolgsprognose?: Ein metaanalystisches Update. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 51, 1–15. https://doi.org/10.1026/0049-8637/a000204
  • Souvignier, E., & Gold, A. (2004). Lernstrategien und Lernerfolg bei einfachen und komplexen Leistungsanforderungen. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 51(4), 309–318.
  • Täger, M. K. (2010). Der Hochschulzugang: Eine bildungs- und organisationssoziologische Untersuchung der Reform der Hochschulzulassung durch Auswahl- und Eignungsfeststellungsverfahren (Inaugural-Dissertation). Ludwig-Maximilians-Universität, München. Retrieved from https://edoc.ub.uni-muenchen.de/11697/1/Taeger_Maren.pdf
  • Trapmann, S., Hell, B., Weigand, S., & Schuler, H. (2007). Die Validität von Schulnoten zur Vorhersage des Studienerfolgs – eine Metaanalyse. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 21(1), 11–27. https://doi.org/10.1024/1010-0652.21.1.11
  • Wissenschaftsrat. (2004). Empfehlungen zur Reform des Hochschulzugangs (Drs. 590/04). Berlin: Wissenschaftsrat. Retrieved from https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/5920- 04.pdf;jsessionid=6925F72ECC964F99FE8570E8646826B3.delivery1- master?__blob=publicationFile&v=2

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  • Prognose
  • Studienerfolg
  • Validität

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  • J. Mertens
  • J. Sann
  • J. Böttger
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Vielen Dank für die Präsentation des aktuellen Stands der Analysen – ich freue mich schon auf die endgültigen Ergebnisse.
Schon jetzt habe ich aber eine Frage: Was wird in den Studien unter Motivation verstanden? Der Begriff kommt mir (vor allem im Vergleich zu Gewissenhaftigkeit) sehr breit vor. Vielleicht lässt sich das noch weiter unterteilen (wie z.B. ja auch bei Richardson et al.)?

Liebe Frau Bohndick,
die derzeit integrierten Studien definieren den Prädiktor Motivation als Leistungsmotivation. Hierunter wird der Grad des Antriebs verstanden, Leistung erbringen zu wollen sowie Beweggründe, die im Bezug mit Lernen und Arbeiten stehen (welche beispielsweise Arbeitsfreude oder Beharrlichkeit enthalten). Viele greifen zur Messung auf das „Inventar zur Erfassung von Leistungsmotivation (LMI)“ nach Schuler & Prochanska (2001) zurück. In Einzelfällen wird in Anlehnung an diesen Fragebogen ein eigenes Instrument entwickelt.
Im Vergleich zu Gewissenhaftigkeit ist der Prädiktor Motivation durchaus breiter operationalisiert. Die Verwendung von Motivation in den bisher integrierten Primärstudien lässt zum jetzigen Stand keine facettenreiche Unterteilung wie bei Richardson et al. zu, da in den Primärstudien lediglich Gesamtwerte der LMI-Skala berichtet werden. Jedoch ist nicht ausgeschlossen, dass die noch zur Kodierung ausstehenden Studien Material für eine differenzierte Betrachtung bieten.
Wir sind dankbar für Ihre Anregung und hoffen, Ihren Vorschlag im weiteren Verlauf berücksichtigen zu können.
Freundliche Grüße

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